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Guten Tag, sehr geehrte/r Interessent/in,

wir stehen vor sehr schwierigen Wochen und vielleicht sogar Monaten, in denen neben vielem anderen auch die Arbeitszeiten außer Balance geraten werden. Insbesondere wird es viel Unterauslastung geben und viel Überauslastung. Gut also, wenn man für Beides Reserven hat – was aber leider vielfach nicht der Fall ist.
Was sind die grundsätzlichen Empfehlungen, die ich Ihnen hierbei als langjähriger Arbeitszeitberater mit auf den Weg geben möchte?

Risiko-Vermeidung durch Reduzierung zwischenmenschlicher Kontakte.
Soweit dies von den Arbeitsaufgaben her möglich ist, ist Homeoffice bzw. mobiles Arbeiten das Mittel der Wahl. Wie unter diesen Umständen gearbeitet werden sollte, behandele ich in einem neuen Beitrag für meine Webseite, den Sie als Text 9 unter Flexibler Tagdienst und als Text 15 unter Vertrauensarbeitszeit finden. Soweit die Arbeitsaufgaben dies nicht ermöglichen, sollten die Mitarbeiter*innen in (möglichst kleine) Gruppen aufgeteilt werden, die keinen direkten Kontakt untereinander haben, was entsprechend flexible Arbeitszeitsysteme erfordert – z.B. die Abschaffung von Kernzeiten, die ja ohnehin schon lange auf der Tagesordnung steht. Darüber hinaus müssen die direkten Kontakte zu Externen (einschließlich der Kunden) auf das jeweils erforderliche Mindestmaß eingeschränkt werden. Im Schichtbetrieb sollte weitest möglich auf persönliche Übergaben verzichtet werden. Und natürlich müssen alle mehrfach genutzten Arbeits-Plätze zwischenzeitig stets desinfiziert werden.

Überauslastung individuell begrenzen.
Überauslastung wird es in den kommenden Wochen z.B. in Krankenhäusern und darüber hinaus überall dort geben, wo der Arbeitsumfang nicht in dem Maße heruntergefahren werden kann, wie die Mitarbeiterverfügbarkeit abnimmt – etwa in der Daseinsvorsorge. In allen diesen Bereichen muss es darum gehen, die (insbesondere auch arbeitszeitliche) Belastung der verfügbaren Mitarbeiter*innen auf ein verträgliches Maß zu beschränken, um überlastungsbedingten Ausfall auch noch dieser Mitarbeiter*innen zu vermeiden. Dabei bietet das in den letzten Jahren vielfach gescholtene Arbeitszeitgesetz ein Höchstmaß an Flexibilität – z.B. in § 15 Abs. 2: „Die Aufsichtsbehörde kann über die in diesem Gesetz vorgesehenen Ausnahmen hinaus weitergehende Ausnahmen zulassen, soweit sie im öffentlichen Interesse dringend nötig werden.“ Praktisch bedeutet dies aus meiner Sicht, dass z.B. im 3-Schichtbetrieb bei Bedarf auf 12h-Schichten übergegangen wird – mit dem sehr erwünschten Nebeneffekt, dass hierdurch ein Schichtwechsel pro Tag mit den damit verbundenen Kontakt-Risiken am Arbeitsplatz und auf dem Arbeitsweg eingespart wird; siehe hierzu meinen Text aus 2012 „Warum 12h-Schichtsysteme besser sein können“ = Text 10 unter Flexible Schichtsysteme.
Hier meine allgemeinen Empfehlungen zu verlängerten Arbeitszeiten:
  • Keine Tages-Arbeitszeiten über 12h Dauer.
  • Bei mehr als 10h Tages-Arbeitszeit mindestens 60min garantierte Pausenzeit in Teilabschnitten à mindestens 15min.
  • Möglichst nicht mehr als 3, maximal aber 4 Tage mit mehr als 10h Arbeitszeit in Folge.
  • Möglichst nicht mehr als 2, maximal aber 3 Nachtschichten mit mehr als 10h Arbeitszeit in Folge.
  • Höchstens vorübergehende Überschreitungen der gesetzlichen Höchstarbeitszeit von durchschnittlich 48h/w.
    All dies sind übrigens Empfehlungen bzw. Auflagen, die von den Aufsichtsbehörden so oder ähnlich schon heute für 12h-Arbeitszeitsysteme (vor)gegeben werden.
Unterauslastung sinnvoll nutzen.
Sollten Sie in den kommenden Wochen arbeitsbedingt unterausgelastet sein und sich dies leisten können: Nehmen Sie es als Gelegenheit, einmal grundsätzlicher nachzudenken – über Ihre Arbeit und auch darüber hinaus. Solche Gelegenheiten sind selten und kostbar.

Ich wünsche Ihnen (aus meinem Homeoffice) alles Gute!
Viele Grüße

Andreas Hoff